Mit dem Tabori Preis 2022 ehrt die Fachjury des Fonds Darstellende Künste das Kollektiv Meine Damen und Herren. Das Kollektiv wurde aus allen Künstler*innen und Gruppen, die der Fonds Darstellende Künste in den letzten fünf Jahren gefördert hat, ausgewählt.
Das Theaterensemble Meine Damen und Herren ist eine feste Gruppe von professionellen Schauspieler*innen mit so genannter geistiger Behinderung, die sich 1996 unter dem Namen Station17Theater in Hamburg gründete.
Bereits seit ihrer ersten Produktion arbeitet das Kollektiv mit unterschiedlichen namhaften Regisseur*innen, Musiker*innen und Tänzer*innen zusammen und entdeckt damit schon früh eine Offenheit von verschiedenen Genres und Zugängen für eine Vielzahl unterschiedlichster Themenfelder. Schon ihre erste Produktion des Sommernachtstraums in Zusammenarbeit mit Stefan Kurt feierte (1996) auf Kampnagel einen großen Erfolg und tourte sogleich. Auch mit den „Vier Jahreszeiten“ unter der Regie von Adelheid Müther wandte sich die Gruppe einem klassischen Stoff zu und entwickelt daraus ein faszinierendesKörpertheater, dass „das Befremdliche“ an Behinderung weder betonte noch vertuschte, sondern vielmehr andere Blickwinkel und Zugänge dazu fand.
Doch das Spektrum erweiterte sich schnell. Mittlerweile sind mehrere Kinder- und Jugendtheaterstücke entstanden, unter anderem „Jetzt bestimme ich“ (2017), in dessen künstlerischem Setting Schüler*innen die Entwicklung von Entscheidungsprozessen erproben und hinterfragen können. Das Theaterensemble wendete sich mit „Der Tag, an dem Kennedy ermordet und Mimi Kennedy Präsidentin wurde“ (2017) der amerikanischen Geschichte zu und entwickelt 2020 mit „10 Meter in den wilden Westen“ ein Musical, das die Künstler*innen selbst als eine Kombination von queerem Ponyhof- Feminismus meets David Lynch beschreiben. Die Bandbreite an Themen, die Meine Damen und Herren bedienen, sucht ihresgleichen.
Seit mittlerweile 26 Jahren entwickelt das Ensemble inklusive Arbeiten, die auf einmalige Art und Weise begeistern und mit denen sich Meine Damen und Herren in besonderem Maße einen Namen gemacht haben, der weit über Hamburg hinausreicht. Die Ensemblemitglieder sind selbst zu Berater*innen geworden. So beraten sie das tanzhaus nrw in Düsseldorf und etablierten 2014 in Kooperation mit K3 I Tanzplan Hamburg ein inklusives Profitanztraining.
Neben ihrer inhaltlichen Neugier und der Suche nach neuen Stücken und Stoffen ist für das Ensemble stets auch die kollektive Arbeit ein wichtiges Thema, das für sie nur durch Gleichberechtigung und Wissenstransfer funktioniert. Diese Form des Empowerments haben sie mit „Die Stadt bin ich“ auf eine neue Ebene gehoben, denn in diesem Mini-Festival konnten Ensemblemitglieder eigene Produktionen als Regisseur*innen realisieren und zur Aufführung bringen.
Die Fachjury des Fonds Darstellende Künste vergibt den Tabori Preis 2022, dotiert mit 25.000 Euro, an Meine Damen und Herren und ehrt damit den künstlerischen Weg, den dieses Ensemble bisher gegangen ist und die kontinuierliche Innovation in ihren Arbeiten durch die einzigartige Bandbreite an Themen und Methoden, die sie miteinander zu kombinieren verstehen.